STOPs Aktivitäten in den Westbengalen
Direkt südlich von Kalkutta, aber fernab moderner Infrastruktur liegt mit South 24 Parganas der größte Distrikt des Bundesstaats Westbengalen in Indien. Hier passieren deutlich mehr Verbrechen gegen Frauen als im übrigen Bundesstaat: Angefangen bei Menschenhandel, über Körperverletzung, Vergewaltigung und Zwangsheirat, bis hin zu Kinderhochzeiten und Sextourismus ist diese Gegend besonders anfällig.
Aufgrund der geographischen Lage sind zudem Überschwemmungen und andere Naturkatastrophen an der Tagesordnung. Für die Menschen ist es äußerst schwierig einen geregelten Lebensunterhalt zu finden, und insbesondere in der Pandemie wurden viele Familien vor nie dagewesene Herausforderungen gestellt: Während der ersten Corona-Welle im Mai 2020 traf der Zyklon Amphan die Region, gefolgt vom Wirbelsturm Yaas im Jahr 2021, mitten in der zweiten Welle der Pandemie. Viele Familien sahen keine Alternative als die Migration um aus der Armut zu entkommen. In dieser Region führt STOP seit über zehn Jahren kleine Projekte zur Unterstützung von Frauen und Bekämpfung des Menschenhandels durch. Nach dem Zyklon Amphan initiierte STOP ein Soforthilfeprojekt für 120 stark betroffene Familien, bei dem Lebensmittel und Zelte verteilt wurden (finanziert durch eine Spendenkampagne des STOP Freundeskreis e.V.). Seit Ende 2021 kooperiert STOP außerdem mit einigen lokalen NGOs, um Frauen Ausbildungsmöglichkeiten anzubieten und sie somit zu empowern. Hierfür wurden vier Dörfer identifiziert, in denen nicht nur eine grundlegende Infrastruktur fehlt, sondern auch jegliche Möglichkeit der Existenzsicherung. An diesen Orten erhielten Frauen Training in Schneiderei, Honiggewinnung, geriatrischer Pflege oder als Hilfskrankenschwester - im Folgenden die Berichte aus den einzelnen Dörfern.
Bhangor
Das Dorf Jamadarpara in der Gemeinde Bhangor in South 24 Parganas war besonders stark vom Zyklon Amphan betroffen. Die Bevölkerung ist nahezu ausschließlich weiblich, da die meisten Männer auf Arbeitssuche in die größeren Städte Indiens ausgewandert sind. In diesem Dorf hat die Fertigkeit der Handstickerei eine lange Tradition, weshalb STOP zusammen mit ihren Partnerorganisationen Trainingsmodule für Schneiderei und Stickerei entwickelte. Somit wurde 30 Frauen eine Weiterbildung ihrer Fähigkeiten ermöglicht, und im Anschluss an den Kurs erhielten die Teilnehmerinnen ein Abschlusszeugnis. Danach wurde der Kontakt zu einer lokalen NGO hergestellt, um die Produkte der Trainees zu vermarkten. Die Zusammenarbeit mit dieser NGO soll intensiviert werden, ferner werden für die weitere Produktion vier Nähmaschinen benötigt.
Panchagramm
In dieser Gemeinde startete STOP bereits 2018 ihre Aktivitäten. Insgesamt 45 Frauen wurden ausgewählt und erhielten die Ausbildung zur Krankenpflegehelferin. Bis heute konnten 20 der Teilnehmerinnen eine Anstellung in verschiedenen Krankenhäusern finden. Dieser Erfolg veranlasste STOP, das Trainingsangebot auf die geriatrische Pflege und die Pflege von Kindern auszuweiten. Um die Absolventinnen in entsprechenden Arbeitsstätten unterzubringen, wurde Kontakt zu regionalen Einrichtungen aufgenommen. Außerdem hat STOP die Zertifizierung der Teilnehmerinnen durch den Paramedical Nursing Council of India beantragt.
Jharkhali
Abgelegen in der Gemeinde Basanti liegt das Dorf Jharkhali - auch als Witwendorf bekannt, da viele Männer Opfer von Tigerangriffen wurden. Der Ort liegt inmitten eines dichten Waldes und ist von jeglicher Urbanisierung abgeschnitten. Die Dorfbewohner engagieren sich traditionell stark für den Waldschutz und die Aufrechterhaltung des ökologischen Gleichgewichts. Das harte Leben hier bringt jedoch viele der verbliebenen Männer dazu, auf der Suche nach Arbeit abzuwandern. In diesem Dorf implementierte STOP in Kooperation mit lokalen NGOs Trainingsmaßnahmen für die Imkerei - denn diese Region Indiens ist im ganzen Land für ihren Honig bekannt. In den Schulungsmodulen wurden bislang 40 Frauen die Grundkenntnisse vermittelt, wie sie selbst Wildbienen halten und deren Honig ernten können. In Zukunft will STOP einen lokalen Absatzmarkt für den Honig aufbauen, unter anderem in Zusammenarbeit mit der Organisation Khadi India.
Madhavpur
Aus finanzieller Not arbeiten viele Frauen aus diesem Dorf als Haushaltshilfen in Kalkutta, zum Teil mit Arbeitszeiten von 17 Stunden pro Tag. Um ihnen bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu ermöglichen, bot STOP ihnen Trainingsmodule mit dem Abschluss als Altenpflegerin an. Dreißig Frauen nahmen an diesen Qualifizierungsmaßnahmen teil und können nun einen höheren Stundenlohn erhalten und ihre täglichen Arbeitszeiten reduzieren. In Zusammenarbeit mit lokalen NGOs kontaktiert STOP außerdem Krankenhäuser, die Praxiskurse anbieten und in denen die Teilnehmerinnen eine Zertifizierung als Pflegehelferin erwerben können. Zudem bietet diese Kooperation die Möglichkeit, dass die Frauen im Anschluss an ihre Ausbildung einen direkte Weiterbeschäftigung erhalten.
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